Transgenerationale Weitergabe von Traumata und Epigenetik
Sehr viele Familien in Deutschland sind traumatisiert – durch eigene Traumata, durch übernommene Traumata oder durch eine Verbindung von beiden.
Vor allem der Krieg hat hier viele Ursachen gesetzt und das bekommen auch die lange nach dem Krieg Geborenen noch zu spüren. In traumatisierten Familien geschieht die Verbindung zwischen den Generationen überwiegend durch das Leid, durch die Traumata. Aufgrund ihrer Traumatisierung können Eltern ihr Kind nicht absichtslos und ohne Bedingungen lieben. Sie sind mit ihren und übernommenen Traumata beschäftigt und daher nicht ausreichend emotional erreichbar für das Kind. Die Erfahrung, als Kind von den Eltern rein und bedingungslos geliebt zu werden, ist aber die Quelle für den eigenen Selbstwert, für die eigene Fähigkeit, sich selbst und andere zu lieben. Diese Erfahrung ist auch die Quelle für die Fähigkeit, die eigene Kraft für sich einzusetzen, und die eigenen Grenzen zu schützen (Dr. med. Ero Langlotz, Newsletter vom 23.1.2021, https://www.e-r-langlotz.de/newsletter-die-initiatische-kraft-der-liebe/).
Da eine Verbindung über die reine, bedingungslose Liebe, durch „Gesehenwerden als der oder die man ist“, nicht möglich ist, verbinden sich Kinder mit ihren Eltern und Großeltern durch die Traumata. Sind Eltern, Großeltern und andere Bezugspersonen nicht mit ihrem wahrem Selbst verbunden, begeben sich die Kinder in den Raum der Eltern. Sie sind dann mit „1000 Antennen“ bei den Eltern, sie spüren deren Verletzungen, die diese daran hindern, mit ihrem eigenen wahren Selbst verbunden zu sein. Kinder entwickeln die Illusion, für das Schicksal und das Leid der Eltern verantwortlich zu sein, um sich dadurch wertvoll fühlen zu können. In traumatisierten Familien meinen Kinder, erst dann eine Daseinsberechtigung zu haben, wenn sie etwas von dem Leid tragen. So funktioniert der Mechanismus der transgenerationalen Weitergabe von Traumata. Durch die Übernahme von Traumata vorhergehender Generationen verlieren die Kinder wiederum die Verbindung zu ihrem eigenen Selbst und so setzt sich die Verbindung im Leid in den Familien fort, werden Traumata von Generation zu Generation weitergegeben.
Sogar unsere Körper speichern traumatische Erfahrungen unserer Vorfahren, denn Körper und Psyche bilden eine Einheit. Erleben wir eine traumatische Situation, wird dies in jeder Zelle unseres Körpers abgespeichert. Auch die Gene sind betroffen, wie die noch junge Disziplin der Epigenetik herausgefunden hat. Obwohl die DNA meist unversehrt ist, werden bestimmte Faktoren doch vererbt, was auf eine Vielzahl epigenetischer Prozesse zurückzuführen ist. Epigenetische Programmierungen können ganze Chromosomen ein- und abschalten. Aber die gute Nachricht ist: Durch unsere Lebensweise können wir ein Stück weit die Gene steuern. Das haben verschiedene Zwillingsstudien ergeben. Ältere eineiige Zwillinge sind demnach trotz ihrer genetischen Identität epigenetisch umso verschiedener, je unterschiedlicher das Leben der Zwillinge verläuft. Epigenetische Mechanismen resultieren aus unserer Lebensweise, aus unseren Gefühlen und verschiedenen Umwelteinflüssen.
In einer Systemaufstellung mit Figuren nach Dr. Langlotz kann man zunächst eigene und übernommene Traumata aus dem eigenen Raum entfernen. Damit entfällt die Verbindung zu den Eltern- bzw. Großeltern über das Leid. Danach kann man die reine absichtslose Liebe vom Wesenskern der Eltern zu seinem eigenen Wesenskern auf symbolischer Ebene spüren. Dadurch wird eine Verbindung „von Herz zu Herz“ in Liebe aufgebaut. Dies ist geradezu einer Initiation zur Liebe. Man fühlt sich wert, geliebt zu werden, auch von sich selbst. Man ist in der Lage, reine und bedingungslose Liebe auch an andere weiterzugeben, PartnerIn, Kinder, Freunde etc. Man entlässt das Schwere aus dem Körper und lässt das Lichtvolle herein. Nach und nach verändert man dadurch auch seine genetischen Anlagen und sorgt so dafür, dass man die ererbten Traumata nicht an seine Kinder und Enkel weitergibt.
Fallbeispiel: Conni, beide Eltern durch Krieg und Vertreibung traumatisiert
Wie man die Kriegstraumata seiner Eltern in der Kindheit übernimmt und sie ihnen wieder zurückgibt, zeigt eindrücklich ein Video auf dem Youtube-Kanal meines Ausbilders Dr. Ero Langlotz.
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Conni hat das Gefühl, für sehr viel verantwortlich zu sein. Zum Beispiel fühlt sie ein sehr großes Verantwortungsgefühl gegenüber ihrem 23jährigen Sohn. Die Eltern von Conni wurden beide nach dem Krieg aus ihrer Heimat vertrieben und erlitten noch weitere Traumatisierungen. Die Traumata der Eltern werden durch Würfel symbolisiert. Symbolisch nimmt Conni alle Traumata in ihren Raum, um die Realität ihrer Kindheit zu rekonstruieren. Sie fühlt sich wie erschlagen von dieser Situation. Wegen ihrer schweren Traumatisierungen waren Connis Eltern so sehr mit sich beschäftigt, dass sie ihrem Kind nicht die Wertschätzung und Aufmerksamkeit schenken konnten, die es gebraucht hätte. Conni hatte nicht das Gefühl, dass sie um ihrer Selbst geliebt wurde. Sie hatte das Gefühl, sie müsste sich nützlich machen und das Schwere in der Familie mit tragen.
In der Aufstellung wird das innere Kind von Conni aus der traumatischen Situation gerettet. Es trägt erst sämtliche Traumata, sodann sagt Conni zu ihm: "Das
Schmerzliche und Verwirrende von damals ist lange, lange vorbei. Wir beide haben es überlebt. Du warst da gar nicht zuständig. Du bist ganz unschuldig. Ich brauch Dich hier und heute, um endlich mein Leben feiern zu können."
Am Ende der Aufstellung sagen die beiden Eltern: "Conni, was auch immer passiert ist, wir geben Dir gern unseren Segen. Lebe Du Dein Leben! Lebe Deine Liebe, Deine Lebendigkeit, lebe Deine Träume und Deine Kraft, Du bist frei!"
Fallbeispiel 2:Uropas Kriegstrauma
Wie man selbst das Trauma eines Familienangehörigen übernehmen kann, den man nicht kannte, sich aber ebenfalls davon lösen kann, den man nicht kannte, zeigt das folgende Video.
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Andrea kannte ihren Uropa nicht. Der Uropa wurde zur Zwangsarbeit verschleppt und kehrte nicht wieder. Er war ein sehr sanfmütiger Mann. Wenn in der Familie so ein Mensch fehlt, über den auch nicht gesprochen wird, dann richtet sich viel Energie der Menschen, die ihn noch kannten, auf diesen Menschen. Es ist eine Sehnsucht da mit einer Hoffnung, Liebe zu bekommen, gerade, wenn es mit den anderen Familienangehörigen nicht so einfach ist.
So ging es vermutlich Andreas Mutter, die Kind war, als ihr Opa verschleppt wurde. Und Andrea hat diese Energie im Raum der Mutter gespürt und die Sehnsucht verbunden mit dem schweren Schicksal des Uropas auch in ihren eigenen Raum übernommen. Daher fühlt sich das Leben von Andrea oft an, als müsste sie selbst Zwangsarbeit verrichten. Sie ist oft am Schuften und bekommt wenig Anerkennung dafür.
In der Aufstellung befreit sich Andrea aus dieser Lage, würdigt den Uropa und erfährt seine ihr sehr zugewandte Haltung.
Diese Beispiele zeigen, dass intergenerationell weitergegebene Traumata aus dem eigenen inneren Raum auch wieder entfernt werden können. Das Schwere aus dem Familiensystem muss man nicht sein ganzes Leben mit sich herumschleppen. Und man bewahrt seine Kinder davor, das Schwere wiederum in ihren Raum nehmen zu müssen und an ihre Kinder weiterzugeben. Damit kann man die Kette intergenerationalen Weitergabe von Traumata durchbrechen. Wenn das Schwere aus dem eigenen inneren Raum entfernt ist, wird das Leben leichter - eine Chance, die epigenetischen Programme statt am Leid nun an Glück, Lebensfreude und Zufriedenheit auszurichten!