Lebendige Paarbeziehung -
So bleibt die Liebe frisch!
Viele Menschen sehnen sich nach einer Paarbeziehung, die ein Leben lang hält. Doch nicht selten finden sie sich nach einer Weile in Frust und Langeweile wieder.
Wie bleibt die Liebe frisch? Nach Bert Hellinger (1925-2019), dem Begründer des Familienstellens, sind für eine gelungene Paarbeziehung drei Elemente notwendig: Wolllust, die Liebe des Herzens und das tägliche Zusammenleben. Zur Wolllust gehört „das Knäuel“, eine sexuelle Beziehung auf Gegenseitigkeit. Beide müssen zugeben, dass sie bedürftig sind, denn dadurch zeigen sie sich verletzlich. Manche fühlen sich besser, wenn sie vorgeben, es nicht brauchen, aber sie sind gnädig mit dem / der anderen. Die Leistung liegt aber darin zuzugeben, dass man ein Bedürfnis hat.
Die Liebe des Herzens bedeutet, „ja“ zu sagen zum Partner / zur Partnerin und dessen / deren Familie, genauso wie zur eigenen. Die Aussage ist: „Ich liebe Dich so wie Du bist und ich liebe Deine Familie, so wie sie ist.“ Voraussetzung ist, Verstrickungen in der eigenen Familie aufzulösen, damit man frei ist. Das „Gewöhnliche“ ist das tägliche Zusammenleben. Man soll sich beim anderen zu Hause fühlen, zusammen das Leben meistern. Dazu gehören die schmutzigen Socken.
Wie gelingt es aber, die „Wolllust“ aufrecht zu erhalten? Viele Paare geraten in unserer Kultur in ein Muster der gegenseitigen Abhängigkeiten. Während die Frau oft ein Stück weit die Mutterrolle für den Mann bedient, gehen Männer teilweise in die Vaterrolle für die Frau – oder bleiben teils in einer Rolle als Sohn. Viele Frauen sind so aufgewachsen, dass sie sich nur dann als wertvoll fühlen, wenn sie für andere etwas leisten. Sie nahmen als Kind zumindest ein Stück weit die Mutterrolle für Mutter oder Vater ein, weil diese emotional selbst bedürftig waren (Parentifizierung). Dieses Muster des Sich-Kümmerns, des Jemanden-Retten-Wollens übernimmt frau oft in die Paarbeziehung, denn die Beziehung zu den Bezugspersonen der Kindheit ist die Blaupause für alle späteren Beziehungen. Am Ende wundert sich frau, dass der Mann immer weniger sein Leben in die eigene Hand nimmt.
Männern fällt es in unserer Kultur viel schwerer, sich von der Mutter zu lösen, als Frauen. Wenn die Ablösung von der hierarchischen Mutterbeziehung nicht geschieht, gibt es schwere Verwirrungen in den Liebesbeziehungen zwischen Mann und Frau. Geht die Frau in die Mutterrolle, kann z.B. die Erotik nachlassen.
Früher gab es Initiationsrituale für männliche Jugendliche, damit diese die Wandlung vom „Genährtwerden“ zum „Sich selbst und andere Nähren“ vollziehen können. Mit dem Zeitpunkt der Initiation ist der Mann für sein körperliches, emotionales und sexuelles Wohlergehen allein verantwortlich. Erst, wenn das Muster der Erwartung des „Genährtwerdens“ durch eine Frau aufgelöst ist, können sich Partner und Partnerin auf Augenhöhe begegnen, sich mit Respekt und Wertschätzung gegenüber treten und sich gegenseitig verschenken (dazu das Märchen vom Eisenhans in meinem demnächst erscheinenden Buch "Die Kristallkugel - Mit zwölf Märchen und Mythen in die neue Zeit"). Die Frau hat dabei die Aufgabe, ihre Weiblichkeit zu leben und nicht in Konkurrenz zum Mann zu gehen, so wie sie von unserer Gesellschaft leider oft dazu angestachelt wird.
Zur Klärung einer Paarbeziehung gibt es ein Video auf dem Youtube-Kanal des Entwicklers der von mir angewendeten Methode der Systemischen Selbst-Integration und meines Ausbilders Dr. Ero Langlotz. Ein älteres Ehepaar möchte wieder mehr Lebendigkeit in die Paarbeziehung bringen (Sabine und Mathias, Partnerbeziehung 24 2 22). Beide grenzen ihre inneren Räume voneinander ab. Dann testen beide Rollen im fremden Raum. Z.B. testet Mathias , ob er die Vaterrolle im Raum von Sabine eingenommen hat, ab min 13. Er geht auf Sabines Position, ab min 20. Aus allen Positionen steigen beide ganz bewusst aus, gehen in ihren eigenen Raum zurück und sagen die klärenden Sätze. Im Verlauf der Aufstellung verbinden sich Sabine und Mathias jeweils mit ihrem wahren Selbst. Im Abgrenzungsritual werden die beiden Räume gegeneinander abgegrenzt.
Die Aufstellung wirkt auf die Verhaltensmuster. Sie erleichtert die Abgrenzung des eigenen Raumes in der Realität. Man merkt, wann man die Grenze zum fremden Raum überschreitet und mit der Zeit geht man nicht mehr in den fremden Raum. Dadurch kommt es weniger zu Konflikten. Die gegenseitige Anziehungskraft steigt.
Eine andere Form der Aufstellungsarbeit in der Paarberatung ist es, an wiederkehrenden Konfliktpunkten anzusetzen. Triggert z.B. der Partner ein (frühkindliches) Trauma der Partnerin, dann verfällt sie in ein Muster, das als Überlebensmuster in der traumatischen Situation entstanden ist. Dieses hat damals geholfen hat, mit dem traumatischen Erlebnis klarzukommen und wird auch als "Falsches Selbst" oder "Überlebensselbst" bezeichnet.
Wird ein Trauma getriggert, "übernimmt" das Überlebensselbst. Es ist wie ein Autopilot, der bei einem entsprechenden Auslöser immer wieder das gleiche Verhaltensmuster abspult, das wir mit etwas Abstand betrachtet, gar nicht wollen. Aus dem wir aber auch nicht einfach rauskommen. In einer Partnerschaft kann ein solches Verhaltensmuster etwa so aussehen, dass sich die Frau bei Konflikten zurückzieht, woraufhin der Mann in Panik gerät, weil er keinen Kontakt mehr zur Partnerin hat. Beide sind im Überlebensmodus, im "Überlebensselbst" gefangen und haben in dem Moment kaum Verbindung zu ihrem wahren Selbst. Eine Kommunikation über den Auslöser ist in dieser Situation nur schwer möglich. Dazu müssen sich die Nervensysteme erstmal wieder beruhigen.
Systemische Selbstintegration: Hier ein Video einer Frau, die Angst vor Nähe in einer Paarbeziehung hat (Jackie, Angst vor Nähe, Verlassenheitstrauma 21 10 21). In der Aufstellung zeigen sich als "Blockierendes Element" mehrere frühe Verlassenheits-Situationen durch die Mutter - die eigene Traumata erlebt hatte. Jackie hat Angst, sich dem Partner zu öffnen, weil sie Angst hat, wieder verlassen zu werden. Dies ist kein bewusster Vorgang, sondern eine Schutzreaktion, die sich Jackie in der Kindheit zugelegt hat. In der gegenwärtigen Partnerschaft ist dieser Mechanismus aber hinderlich, da er nur ein bestimmtes Maß an Nähe zulässt. Das Verlassenheitstrauma wird im Verlauf der Aufstellung aus dem inneren Raum von Jackie entfernt, so dass es nicht mehr getriggert werden kann. Jackie verbindet sich mit ihrem wahren Selbst, später begrüßt sie das innere Kind. Kann das Verlassenheitstrauma nicht mehr getriggert werden, so kann sich Jackie für den Partner öffnen, ohne Angst, wieder verlassen zu werden.
Beziehungsklärung zur Partnerin - Ein Fall aus meiner Praxis
Treten in einer Paarbeziehung Schwierigkeiten auf und will der Partner / die Partnerin, nicht mit zur Paarberatung kommen, dann kann man in der Einzelberatung mit der Methode der Systemischen Selbstintegration die Paarbeziehung anschauen. Dadurch wird klar, wo man in den fremden Raum eingedrungen ist. Gleichzeitig grenzt man seinen eigenen Raum gegenüber dem Raum der Partnerin / des Partners ab.
Hierzu ein Fall aus meiner Praxis. Andreas hat mit seiner Partnerin Annika zwei Kinder im Alter von 16 und 13 Jahren. Schon vor 11 Jahren hatte Annika gedroht, Andreas zu verlassen. Er hatte Angst, die Kinder zu verlieren und investierte sehr viel in die Paarbeziehung. Mittlerweile besteht wenig Kontakt zwischen ihm und seiner Partnerin. Annika zieht sich oft zurück und reagiert dann nicht mehr auf Fragen von Andreas. Dieser macht sich dann Sorgen.
Systemische Selbstintegration: In der Aufstellung spürt Andreas, dass er vor allem die Vaterrolle für Annika sehr gut kennt. Auf dieser Position hat Andreas das Gefühl, er müsste Annika stützen, ihr etwas Gutes tun. Dadurch kommt er aber in eine höhere Position, denn zum Vater schaut man auf. Die Partnerin gerät mehr in die Rolle des Kindes. Die Ebenbürtigkeit in der Beziehung ist gefährdet. Tatsächlich hat auch die erotische Anziehungskraft in der Beziehung schon lange nachgelassen. Mit folgenden Sätzen steigt Andreas aus der Vaterrolle aus: „Annika, ich kann Dir nicht das geben, was Du vielleicht von Deinen Eltern nicht bekommen hast. Ich bin weder Mutter noch Vater für Dich. Ich bin Dein Partner.“ Andreas atmet nach diesen Sätzen auf, eine Last scheint von ihm abzufallen.
Im weiteren Verlauf der Aufstellung gibt Andreas die Probleme (das Trauma) von Annika, die als Würfel aufgestellt werden, an sie zurück. In einer Partnerschaft kann es das Gefühl geben, gebraucht zu werden, wenn man sich um die Probleme der Partnerin kümmert. Manchmal hat man auch das Gefühl, dass man für sie unentbehrlich ist. Dann ist man so etwas wie eine Prothese für sie. Und damit man ihre Prothese sein kann, muss sie eine Behinderung haben. Entweder sie war schon vorher unselbständig oder sie ist in der Beziehung unselbständiger geworden. Das ist eine fatale Wirkung. Dieses Muster haben viele der heute Erwachsenen in der Kindheit gelernt: Dass sie nur dann wertvoll sind, wenn sie für andere unentbehrlich sind. Das Muster wenden sie dann in allen Beziehungen an, und eben auch in der Beziehung zur eigenen Partnerin. Dadurch wird die Partnerin unselbständig. Tatsächlich ist es so, dass Andreas sich viel um Haushalt und Kinder kümmert, während Annika sich immer weiter zurückgezogen hat.
Weiter gibt Andreas Annika ihre Probleme zurück, symbolisiert durch einen roten Würfel. Er sagt dabei: „Annika, es sind deine Probleme und du trägst sie auf deine Art und Weise, oder vielleicht auch nicht. Es ist deine Art zu überleben. Und als Partner steht es mir nicht zu, darüber zu urteilen oder mich da einzumischen. Das achte ich jetzt, indem ich es ganz bei Dir lasse.“ Als er nachspürt, wie es sich anfühlt, wenn er die Probleme der Partnerin nicht mehr trägt, fühlt er Erleichterung.
Nach etlichen weiteren Aufstellungsschritten sagt Andreas am Ende der Aufstellung: „Annika, ich habe Schönes und Schmerzliches mit Dir erlebt. Beides hat mein Leben reicher gemacht. An beidem konnte ich wachsen und das achte ich. Ich trage meinen Teil der Verantwortung für unsere Beziehung und Deinen Teil der Verantwortung lasse ich bei Dir.“. Indem nämlich Andreas (unbewusst) in die Vaterrolle gegangen ist, hat er eine Beziehung auf Augenhöhe schwierig gemacht. Annika hat das zugelassen und das liegt wiederum in ihrem Verantwortungsbereich.
Mit der Klärung der Paarbeziehung grenzt man beide Räume gegeneinander ab. Die Beziehung wird klarer und kann auf eine neue Ebene gehoben werden. Manchmal wird es auch klarer, dass man mit der Partnerin / dem Partner nicht mehr zusammen leben möchte, da das bisherige Verhaltensmuster nicht mehr trägt.
Weitere Videos aus dem Youtube-Kanal von Dr. Ero Langlotz, dem Entwickler der Methode der Systemischen Selbst-Integration und meinem Ausbilder:
Andrea: Sehr symbiotische Paarbeziehung.
Sandra: Beziehung zu Mann und dessen Familientrauma